Veröffentlichung – Studie zu „Erfahrungen und Umgangsstrategien von Betroffenen von antimuslimischem Rassismus“

Veröffentlichung - Studie zu „Erfahrungen und Umgangsstrategien von Betroffenen von antimuslimischem Rassismus“

6. December 2023

Berlin, 06. Dezember 2023 – Im Rahmen einer digitalen Vorstellung veröffentlichte CLAIM heute die  Studie zu Erfahrungen und Umgangsstrategien von Betroffenen von antimuslimischem Rassismus“, welche im Rahmen eines Modellprojektes  von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und zugleich der Beauftragten der Bundesregierung für Antirassismus, Reem Alabali-Radovan, gefördert wird.

Ziel der Studie ist es, Herausforderungen und Entwicklungspotentiale zu identifizieren, wie Betroffene von antimuslimischem Rassismus dabei unterstützt werden können, antimuslimische Vorfälle zu melden und/oder Beratung in Anspruch zu nehmen.

Wichtige Fragestellungen der Studie sind unter anderem:

  • Welches Bewusstsein haben Betroffene für die gemachten Rassismuserfahrungen?
  • Welche Rassismuserfahrungen machen Betroffene?
  • Warum werden Betroffene diskriminiert und/oder angegriffen?
  • Inwiefern nutzen Betroffene die Möglichkeit, rassistische Diskriminierungsvorfälle und Übergriffe zu melden oder eine Beratungsstelle aufzusuchen?
  • Welche Barrieren hindern Betroffene daran, rassistische Diskriminierungsvorfälle und Übergriffe zu melden?
  • Welche Barrieren hindern Betroffene daran, das Angebot einer Beratungsstelle in Anspruch zu nehmen?
  • Wie können Betroffene besser erreicht werden.

Kurzzusammenfassung der Ergebnisse der Studie:

  1. 78 % der Befragten nehmen wahr, dass sie schon einmal diskriminiert wurden oder einen Übergriff erlebt haben. Allerdings würden diese Erfahrung nur 1/3 der Befragten als Form von Diskriminierung oder Übergriff formulieren. 75 % waren sich nicht sicher, ob der Vorfall „schlimm genug“ sei.
  2. Antimuslimischer Rassismus in Form von Übergriffen und/oder Diskriminierungen ist eine weitverbreitete Erfahrung und äußert sich auf vielfältige Weise.
  3. Die meisten befragten (22 %) erleben gleich mehrere Formen von Diskriminierungen und/oder Übergriffen.
  4. Die Betroffenen erfahren antimuslimischen Rassismus aufgrund ihrer vermeintlichen ethnischen Herkunft sowie weiterer Merkmale, was intersektionell durch die Verschränkung mit Geschlecht und sozialem Status verschärft wird.
  5. Die Mehrheit der Betroffenen von antimuslimischem Rassismus nutzt bestehende Meldemöglichkeiten und Beratungsangebote nicht.
  6. 26 % der Befragten ist die Möglichkeit der Meldung von antimuslimischen Vorfällen nicht bekannt.


Elf zentrale Handlungsempfehlungen:

  1. Es bedarf des Empowerments von Betroffenen, indem:
  2. a) Risikogruppen (von antimuslimischem Rassismus betroffene Menschen und potenziell betroffene Menschen) i) über ihre Rechte und ii) über unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten im Falle eines antimuslimischen Vorfalls informiert und aufgeklärt werden;
  3. b) Safer Spaces (geschützte Räume) geschaffen und etabliert werden, in denen sich Betroffene von antimuslimischem Rassismus gegenseitig unterstützen und ihre Erfahrungen teilen können
  4. Es bedarf einer dauerhaften und unabhängigen Finanzierung sowie eines Ausbaus der Beratungs- und Unterstützungsstrukturen für Betroffene von antimuslimischem Rassismus
  5. Mitarbeitende von Beratungs- und Unterstützungsstrukturen müssen zu antimuslimischem Rassismusqualifiziert werden.
  6. Aufsuchende und mobile Beratungsangebote müssen niedrigschwellig etabliert werden.
  7. Die Öffentlichkeit muss kontinuierlich zu antimuslimischem Rassismus sensibilisiert und informiert werden.
  8. Verpflichtende rassismuskritische Sensibilisierung, (Fort-)Bildung und Weiterbildungen sind zu etablieren.
  9. Beschwerdestrukturen/-möglichkeiten müssen flächendeckend entwickelt und aufgebaut werden.
  10. Strafverfolgungsbehörden: antimuslimische Straftaten sind konsequent zu erfassen und zu ahnden. Eine enge Kooperation mit der Zivilgesellschaft ist zu etablieren.
  11. Schutzlücken im Antidiskriminierungsrecht müssen geschlossen werden.
  12. Ein zivilgesellschaftliches Monitoring zu antimuslimischem Rassismus ist auszubauen und zu verstetigen.
  13. Förderung von Längsschnittstudien, um Auswirkungen bei den Betroffenen zu erfassen.


Methodik:

Erhoben wurde die Studie zwischen Januar 2023 und März 2023 in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut IMAP GmbH in zwei Erhebungsphasen mit einem sequentiellen Mix-Method-Ansatz:

  1. Online-Umfrage unter volljährigen Muslim*innen sowie Menschen in Deutschland, die als solche gelesen werden: 740 Personen wurden erreicht.
  2. Leitfadengestützte Tiefeninterviews mit 18 volljährigen Muslim*innen sowie Menschen, die als solche gelesen werden: im Raum Berlin und Düsseldorf.

Die Studie steht hier als PDF zum Download bereit oder kann per Mail an info@claim-allianz.de als gedruckte Version angefragt werden.

Über CLAIM: CLAIM vereint und vernetzt 50 muslimische und nichtmuslimische Akteure der Zivilgesellschaft und bildet eine breite gesellschaftliche Allianz gegen antimuslimischen Rassismus, Islam- und Muslimfeindlichkeit. CLAIM wird getragen von Teilseiend e. V., gefördert u. a. vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ und durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und zugleich die Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus. Seit 2020 ist CLAIM Partner im Kompetenznetzwerk Islam- und Muslimfeindlichkeit.

Weitere Informationen zu CLAIM unter www.claim-allianz.de.

Für Presseanfragen wenden Sie sich gerne an:
CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit
Lea Gautsch | Kommunikation
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