Pressemitteilung – Bericht des Unabhängigen Expertenkreis Muslimfeindlichkeit: Was die Bundesregierung jetzt gegen antimuslimischen Rassismus tun muss

Pressemitteilung - Bericht des Unabhängigen Expertenkreis Muslimfeindlichkeit: Was die Bundesregierung jetzt gegen antimuslimischen Rassismus tun muss

29. Juni 2023

Bericht des Unabhängigen Expertengremiums

Berlin, 29. Juni 2023 – Heute veröffentlichte der von der Bundesregierung eingesetzte Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit (UEM) seinen Abschlussbericht. Der Bericht stellt fest, dass antimuslimischer Rassismus eine gesellschaftliche Realität und ein Querschnittsphänomen darstellt und zeigt zentrale Lücken in der Bekämpfung auf. Die Einberufung des Gremiums ist ein wichtiger Schritt für die Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus in der Mitte der Gesellschaft und für den Schutz der Demokratie insgesamt. Weitreichende und strukturelle Veränderungen sind notwendig, um antimuslimischen Rassismus nachhaltig zu bekämpfen.

Mehr als zwei antimuslimische Vorfälle wurden 2022 im Durchschnitt pro Tag in Deutschland erfasst (Zivilgesellschaftliches Lagebild antimuslimischer Rassismus, Ausgabe 2023/CLAIM, ZEOK). Insgesamt ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, da viele Fälle nicht erfasst oder gemeldet werden. Das zeigt: antimuslimischer Rassismus ist kein Randphänomen, sondern eine alltagsprägende Erfahrung für viele Menschen in Deutschland. Der UEM stellt fest, dass antimuslimischer Rassismus eine gesellschaftliche Realität und ein Querschnittsphänomen darstellt. Etwa jede*r Zweite in Deutschland stimmt muslimfeindlichen Aussagen zu. Aus den Untersuchungen des UEM wird außerdem deutlich, dass Muslim*innen vielfältige gesellschaftliche Diskriminierungserfahrungen auf einem insgesamt hohen Niveau machen.

Mit der Einsetzung des UEM durch die Bundesregierung 2020 wurde eine langjährige Forderung der Zivilgesellschaft und Wissenschaft umgesetzt. Nach 2,5-jähriger Arbeit hat der UEM heute einen 400-Seiten umfassenden Bericht mit mehr als 20 zentralen Handlungsempfehlungen vorgelegt.

Rima Hanano (CLAIM):Die Einberufung des Gremiums wurde lange gefordert und ist ein erster wichtiger Schritt, um antimuslimischen Rassismus in allen Bereichen zu bekämpfen. Bisher fehlt insbesondere die Anerkennung des Phänomens und ein etabliertes und einheitliches Verständnis von antimuslimischem Rassismus auf Bundes- und Länderebene. Die Handlungsempfehlungen machen deutlich, dass bei der Prävention und Intervention bisher noch große Lücken bestehen und das Thema jetzt dringend auf die politische und gesellschaftliche Agenda gehört.

Begrüßt werden ausdrücklich die in dem nun vorliegenden Abschlussbericht formulierten Empfehlungen, die den Forderungen der Zivilgesellschaft in wesentlichen Punkten folgen. Die Empfehlungen des Berichts zeigen die derzeit großen Lücken in der Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus in Deutschland auf. Vor allem strukturelle Maßnahmen in allen gesellschaftlichen Bereichen – wie bspw. Politik, Bildung, Medien und Justiz – sind notwendig, um das Problem umfassend und nachhaltig zu adressieren. Es bedarf einer systematischen Gesamtstrategie, um die Empfehlungen nun auch wirksam zu implementieren. Melanie Hudler (ZEOK):Der Erfolg des UEMs wird sich am Ende auch an der Umsetzung der Empfehlungen des Gremiums in Bund, Länder und Gemeinden messen lassen müssen. Für die Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus brauchen wir jetzt parteiübergreifend den politischen Willen und vor allem auch wirksame, strukturelle Veränderungen.

Vor allem Rechtsextremismus wird bisher als größte Gefahr für die Demokratie identifiziert. Das ist weitestgehend politischer Konsens. Zu wenig Aufmerksamkeit bekommen bisher die Ursachen, welche rechte Parteien und Strukturen immer stärker werden lassen. „Gerade in als krisenhaft empfundenen Zeiten wie diesen werden Ängste geschürt und instrumentalisiert. Wohin das führt, zeigt sich am Wahlerfolg der AfD in Thüringen – eine Entwicklung, die sich auch in bundesweiten Wahlprognosen widerspiegelt. Antimuslimische Narrative sind nach wie vor für weite Teile der Gesellschaft anschlussfähig. Wenn wir etwas gegen Rassismus und rechte Gewalt tun wollen, dann müssen wir deshalb unbedingt auch antimuslimischen Rassismus stärker in den Blick nehmen“, betont Anna Sabel vom Verband binationaler Familien und Partnerschaften in Leipzig.

Über das Kompetenznetzwerk Islam- und Muslimfeindlichkeit: Das Kompetenznetzwerk besteht aus vier bundesweit tätigen Partnern: CLAIM, getragen von Teilseiend e. V., der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e. V. (aej), Verband binationaler Familien und Partnerschaften Leipzig und ZEOK e. V. Das Kompetenznetzwerk Islam- und Muslimfeindlichkeit wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“. Weitere Informationen unter: www.kompetenznetzwerk-imf.de.

Über CLAIM: CLAIM vereint und vernetzt 50 muslimische und nichtmuslimische Akteure der Zivilgesellschaft und bildet eine breite gesellschaftliche Allianz gegen antimuslimischen Rassismus, Islam- und Muslimfeindlichkeit. CLAIM wird getragen von Teilseiend e. V., gefördert u. a. vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ und durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und zugleich die Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus. Weitere Informationen zu CLAIM unter: www.claim-allianz.de.

Über die aej: Die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e. V. (aej) ist der Zusammenschluss der Evangelischen Jugend in Deutschland. Ihre Mitglieder sind bundeszentrale evangelische Jugendverbände und Jugendwerke, Jugendwerke evangelischer Freikirchen und die Kinder- und Jugendarbeit der Mitgliedskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die aej vertritt die Interessen von ca. 1,35 Millionen jungen Menschen. Weitere Informationen zur aej unter: www.aej.de.
Über den Verband binationaler Familien und Partnerschaften: Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften arbeitet bundesweit an der Schnittstelle von Familien-, Migrations- und Bildungspolitik. Ein Schwerpunkt der Geschäfts- und Beratungsstelle in Leipzig liegt in der rassismuskritischen Auseinandersetzung mit antimuslimischem Rassismus. Dabei entwickelt der Verband unterschiedliche politisch-bildnerische Formate, wie zum Beispiel Ausstellungen, Filme und Workshopübungen und stellt diese kostenfrei zur Verfügung. Weitere Informationen unter: www.binational-leipzig.de.

Über ZEOK: ZEOK e. V. ist ein langjähriger Bildungsträger in Ostdeutschland. Der Verein verfolgt das Ziel einer gerechten und inklusiven Gesellschaft und setzt sich für gleichberechtigte Teilhabe und gegen Rassismus und Diskriminierung ein. ZEOK versteht sich als Plattform und Austauschraum und will eine partizipative Öffentlichkeit herstellen, die die postmigrantische Gesellschaft auch in Ostdeutschland als eine Gesellschaft der Vielen hör- und sichtbar werden lässt. Weitere Informationen zu ZEOK unter: www.zeok.de.

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Lea Gautsch | Kommunikation
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