Rassis­ti­scher Anschlag von Hanau: Antimus­li­mi­schen Rassismus als Motor von rechtem und antide­mo­kra­ti­schem Gedan­kengut erkennen

Rassis­ti­scher Anschlag von Hanau: Antimus­li­mi­schen Rassismus als Motor von rechtem und antide­mo­kra­ti­schem Gedan­kengut erkennen

24. Februar 2020

Berlin, den 24.02.2020 – Rassistisch motivierter Terroranschlag in Hanau: Die Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit CLAIM fordert die Politik auf, Rassismus – und damit auch antimuslimischen Rassismus – als gesamtgesellschaftliches Problem klar zu benennen und zu bekämpfen. Die Politik muss sich jetzt konsequent mit antimuslimischem Rassismus auseinandersetzen und dringend weitreichende Maßnahmen ergreifen um die menschen- und demokratiefeindlichen Ideologien, die bis in die Mitte unserer Gesellschaft reichen, zurückzudrängen.

Am Mittwoch, den 19. Februar, wurden bei einem rassistisch motivierten Terrorschlag in Hanau 10 Menschen ermordet. Tage davor war eine Gruppe von Rechtsextremisten festgenommen worden, die Anschläge auf Moscheen in zehn Bundesländern plante. Ihr Ziel war die Herbeiführung „bürgerkriegsähnlicher Zustände“.

 „Der Mord an Walter Lübcke, die Anschläge in Halle und jetzt Hanau – der zunehmende Terror sollte endlich ein Weckruf für die Politik in Deutschland sein. Rassismus gegenüber Muslim*innen ist ein wichtiger thematischer Fokus der neuen Rechten und muss entsprechend adressiert und geächtet werden“, betont Nina Mühe von CLAIM. „Wir müssen uns aber unbedingt bewusst sein, dass antimuslimischer Rassismus kein Phänomen ist, welches ausschließlich rechter Gesinnung zuzuordnen ist“, so Nina Mühe weiter. „Vielmehr ziehen sich antimuslimische Ressentiments durch alle Bevölkerungsgruppen und bilden damit den Nährboden und ein Einfallstor für rechte Ideologien, welche wiederum auch den Antisemitismus erstarken lassen sowie auch Abwertung von Sinti und Roma, LGBTIQ-Personen, PoC oder Frauen. Diese Zusammenhänge werden in der aktuellen Debatte kaum oder gar nicht thematisiert. Wenn wir etwas gegen den erstarkenden Rechtsextremismus tun wollen, dann müssen wir in der Mitte der Gesellschaft anfangen und auch auf die etablierten Parteien schauen.“

Gabriele Boos-Niazy vom Aktionsbündnis muslimischer Frauen in Deutschland e.V. und Teil der CLAIM-Allianz: „Bei den zahlreichen Betroffenheitsbekundungen vermissen wir eine Selbstreflektion der etablierten Parteien und auch der Gesellschaft insgesamt. Permanente – auch von Politikern in staatlichen Funktionen – geführte Debatten darüber, ob Muslim*innen zu Deutschland gehören oder Diskussionen, die in  gesetzliche Kopftuchverbote für Schule, Kita oder Justiz münden, tragen zu einer negativen Stigmatisierung des Kopftuchs und letztendlich aller Muslim*innen bei – egal wie  sie ihren Glauben praktizieren. Es sind genau diese Diskurse, die rassistische Stereotype nähren.“

Diverse Umfragen und Studien belegen, dass sich islamfeindliche und antimuslimische Einstellungen in Deutschland seit Jahren auf einem hohen Niveau bewegen. Tagtäglich werden Muslim*innen und Menschen, die als Muslim*innen wahrgenommen werden, zur Zielscheibe für Übergriffe. Hiervon erfährt die Öffentlichkeit kaum etwas:  2018 wurden insgesamt 910 islamfeindliche Straftaten gezählt; die Zahl der dabei Verletzten hat im Vergleich zu 2017 deutlich zugenommen und lag 2018 bei 74 Personen.

„Das Problembewusstsein zu antimuslimischem Rassismus und Rassismus insgesamt und seinen Auswirkungen in der Gesellschaft muss daher jetzt dringend gestärkt werden.“ so Nina Mühe. “Wir benötigen ein breiteres Präventionsangebot, Schutz und Stärkung von Betroffenen sowie verstärkte Maßnahmen zur Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus.“

CLAIM fordert:

1.       Rassismus als gesamtgesellschaftliches Problem identifizieren und benennen: Ob Antisemitismus, Antiziganismus oder antimuslimischer Rassismus – menschenfeindliche Ideologien durchziehen die Mitte der Gesellschaft,  sind auch bei den etablierten Parteien vorhanden und prägen gemeinsam die Ideologien der Rechten, werden aber immer noch getrennt voneinander adressiert. Hier gilt es seitens der Politik endlich alle Rassismen und menschenfeindlichen Ideologien klar zu benennen, alle Rassismen – auch Antimuslimischen Rassismus – im Kontext von Rechtsextremismus zu sehen und entsprechende Strategien vorzulegen.

2.      Die Einrichtung einer unabhängigen Expert*innenkommission „Antimuslimischer Rassismus“: Mehr als 26 Expert*innen aus Wissen­schaft, Politik und Praxis sowie 37 zivil­ge­sell­schaft­liche Organi­sa­tionen fordern seit 2019 die Einrichtung einer Expert*innenkommission „Antimuslimischer Rassismus“, um unter anderem eine Bestandsaufnahme zu Erscheinungsformen und Folgen von antimuslimischem Rassismus in allen politischen und gesellschaftlichen Bereichen durchzuführen und wissenschaftliche Expertisen zur Situation von Muslim*innen in Deutschland zu entwickeln. Zur Pressemitteilung vom 19.06.2019.

3.      Eine Intensivierung des Engagements gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit und antimuslimischen Rassismus auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen in Deutschland. Unter anderem muss viel mehr Engagement in die bundesweite Beratungsstruktur für Betroffene gesteckt werden sowie in den Schutz von besonders exponierten Einrichtungen und Personen, wie etwa Moscheen oder öffentliche  Repräsentant*innen. Zur Pressemitteilung vom 21.02.2019  und zur Pressemitteilung vom 28.02.2019.

Für Presseanfragen wenden Sie sich gerne an:

CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit

Rima Hanano | Kommunikationsmanagerin
presse@claim-allianz.de
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