Wir fordern den Vorstandsvorsitzenden des Axel-Springer-Medienunternehmens, Mathias Döpfner, auf, sich für seine rassistische Äußerung über muslimische Menschen, die jetzt öffentlich wurde, zu entschuldigen.
„free west, fuck the intolerant muslims und all das andere Gesochs“ lautet eine der privaten Nachrichten aus der Feder des Springer-Vorstandsvorsitzenden, die die Wochenzeitung DIE ZEIT jetzt veröffentlicht hat. „Gesocks“ ist keine harmlose Beleidigung, sondern beschreibt laut Duden eine Gruppe von Menschen als „minderwertig“, die daher „verachtet oder abgelehnt wird“. Döpfner diffamiert und stigmatisiert bewusst muslimische Menschen und trägt damit zu Rassismus – und insbesondere zu antimuslimischem Rassismus – bei. Antimuslimischer Rassismus ist in Deutschland allgegenwärtig und bereitet einen gefährlichen Nährboden für Gewalttaten wie den NSU-Morden oder Hanau. Antimuslimische Vorfälle befinden sich seit Jahren auf einem hohen Niveau. 2021 wurden insgesamt 732 islamfeindliche Straftaten und 54 Angriffe auf Moscheen in Deutschland offiziell erfasst. Es ist davon auszugehen, dass ein großer Teil antimuslimischer Vorfälle nicht erfasst und behördlich verfolgt wird.
Die Berichterstattung einiger Medien des Springer-Verlags bedient immer wieder rassistische und antimuslimische Ressentiments. Diese haben aufgrund der hohen Reichweiten besagter Medien das Potenzial, den demokratischen Zusammenhalt in Deutschland zu gefährden. Döpfners nicht hinnehmbare Äußerung zeigt, dass die rassistische Haltung gegenüber Muslim*innen, die in der Berichterstattung einiger Springer-Publikationen wiederholt zutage tritt, bis in die Führungsetage des Verlags reicht.
Diese pauschale und rassistische Abwertung durch den Springer-Chef betrifft auch die 5,5 Millionen in Deutschland lebenden Muslim*innen¹. Dennoch findet diese bislang kaum Beachtung. Mediale und politische Aufmerksamkeit dagegen erlangte durchaus berechtigt ein weiterer diffamierender Satz Döpfners, in dem er Ostdeutsche als entweder „Kommunisten“ oder „Faschisten“ bezeichnet. Für diese diskriminierende Aussage hat sich der Vorstandschef des Axel-Springer-Medienkonzerns bereits entschuldigt. Eine Entschuldigung an die ebenso diffamierte Gruppe der Muslim*innen ist bislang ausgeblieben.
Dass eine mediale und politische Debatte über Döpfners antimuslimische Äußerung bisher nicht stattgefunden hat, macht deutlich, dass antimuslimischer Rassismus in Deutschland oft unerkannt bleibt und weitgehend gesellschaftlich akzeptiert ist. Laut einer aktuellen Studie des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors (NaDiRa) zeigt die Bevölkerung in Deutschland zwar ein ausgeprägtes Bewusstsein für Rassismus. Mit Blick auf muslimische Menschen werden kritische Situationen jedoch deutlich weniger häufig als „rassistisch” bewertet und als solche bezeichnet als in Fällen von Rassismus, der sich gegen andere Gruppen richtet.
Wir – die CLAIM-Allianz – erheben daher gemeinsam mit zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Bündnissen, die sich gegen Diskriminierung und Rassismus und für Vielfalt und Chancengleichheit einsetzen, unsere Stimme gegen jede Form von rassistischen und menschenfeindlichen Äußerungen und machen deutlich: Wer eine Minderheit diskriminiert, verhält sich antidemokratisch und macht nicht davor Halt, weitere Gruppierungen zu diffamieren und abzuwerten.
Deshalb erwarten wir eine größere mediale und politische Aufmerksamkeit und Sichtbarmachung und fordern eine öffentliche Entschuldigung von Herrn Döpfner an die hier lebenden Muslim*innen sowie alle weiteren von antimuslimischem Rassismus betroffenen Personen!
Unterzeichnende Organisationen und Bündnisse:
CLAIM–Allianz: Abrahamisches Forum in Deutschland e. V.
Aktionsbündnis muslimischer Frauen e. V. (AmF)
AMuRa – Servicestelle zur Sensibilisierung für antimuslimischen Rassismus und intersektionale Feminismen
Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen (ADAS)
AntiDiskriminierungsBüro Köln
Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin (ADNB)
Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e. V. (aej)
Begegnungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen e. V. (BFmF)
Bildungsteam Berlin-Brandenburg e. V.
Couragiert! Gemeinsam gegen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit
Deutsche Islam Akademie e. V. (DIA)
Deutschsprachiger multinationaler Muslimkreis e. V. (DMMK)
Dima e. V.
Entschieden gegen Rassismus und Diskriminierung e. V. (EGRD)
FAIR International e. V.
FödeM – Bildungsinitiative Förderung des deutschsprachigen Muslimseins
Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland e. V.
ISD Hannover e. V.
ismie mie – Muslim:innen in Deutschland
JUMA – jung, muslimisch, aktiv e. V.
Junge Islam Konferenz (JIK)
Katholische Erwachsenenbildung im Land Sachsen-Anhalt e. V. (KEB)
Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus e. V. (KIgA)
La Red – Vernetzung und Integration e. V.
Minor – Projektkontor für Bildung und Forschung gGmbH
Mosaik e. V.
Multikulturelles Forum e. V. (MkF)
Muslimisch gelesene Vielfalt im Gespräch
Muslimische Jugend in Deutschland e. V. (MJD)
Muslimisches Jugendwerk e. V. (MJW)
Muslimrat München e. V.
Netzwerk gegen Islamfeindlichkeit und Rassismus Leipzig e. V. (NIR)
RAHMA – Muslimisches Zentrum für Mädchen, Frauen und Familie e. V.
Rat muslimischer Studierender & Akademiker e. V. (RAMSA)
Raum 3 – Empowerment Junger Muslim*innen durch Medienarbeit
Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie e. V. (RAA Berlin)
Schwarze Schafe e. V.
Sozialdienst Muslimischer Frauen e. V. (SmF)
Stiftung für die internationalen Wochen gegen Rassismus
streetwork@online
SWANS Initiative
TBDT – Türkeistämmige Bürgerinnen und Bürger in NRW für Demokratie und Teilhabe
Ufuq e. V.
Verband binationaler Familien und Partnerschaften – Leipzig, iaf e. V.
Verband muslimischer Lehrkräfte e. V. (VmL)
Wer sind wir? Denken, Sprechen, Handeln in der Islamdebatte
With or Without e. V. (WoW)
Yallah! Fach- und Präventionsstelle Islamismus und Antimuslimischer Rassismus
ZEOK e. V.
Unterzeichnende Organisationen und Bündnisse: Akzeptanz, Vertrauen, Perspektive e. V. (AVP)
Amaro Foro e. V.
Antidiskriminierungsverband Deutschland e. V. (advd)
Aufstehen gegen Rassismus Berlin
Bund für Antidiskriminierungs- und Bildungsarbeit e. V. (BDB)
Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus e. V. (BAG RelEx)
Bundesverband Netzwerke von Migrant*innenorganisationen e. V. (NeMO)
Bundesverband Trans* e. V. (BVT*)
Center for Intersectional Justice e. V. (CIJ)
Dachverband der Migrant*innenorganisationen in Ostdeutschland e. V. (DaMOst)
Das NETTZ gGmbH
Each One Teach One e. V. (EOTO)
Haus der sozialen Vielfalt e. V.
Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt e. V. (LAMSA)
Lesben- und Schwulenverband e. V. (LSVD)
LesMigraS / Lesbenberatung e. V.
LIFE – Bildung Umwelt Chancengleichheit e. V.
LOVE-Storm – Gemeinsam gegen Hass im Netz
MIGRANET-MV
MigraNetz Thüringen e. V.
Neue deutsche Medienmacher*innen e. V. (NdM)
neue deutsche organisationen – das postmigrantische netzwerk e. V. (ndo)
NourEnergy e. V.
Rat für Migration e. V.
Türkische Gemeinde in Deutschland e. V. (TGD)
Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt e. V. (VBRG)
[1] Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2021. Muslimisches Leben in Deutschland 2020. Studie im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz.
Über CLAIM: CLAIM vereint und vernetzt 50 muslimische und nichtmuslimische Akteure der Zivilgesellschaft und bildet eine breite gesellschaftliche Allianz gegen antimuslimischen Rassismus, Islam- und Muslimfeindlichkeit. CLAIM wird getragen von Teilseiend e. V., gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“. Seit 2020 ist CLAIM Partner im Kompetenznetzwerk Islam- und Muslimfeindlichkeit. Weitere Informationen zu CLAIM unter www.claim-allianz.de
Für Presseanfragen wenden Sie sich gerne an:
Lea Gautsch | Kommunikation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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