Forderungen an den Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus

Forderungen an den Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus

29. Juni 2020

von CLAIM

Wir, eine Allianz aus 35 Organisationen und Projekten der Zivilgesellschaft, wenden uns heute als Betroffene von und Expert*innen zu Antimuslimischem Rassismus an Sie. Die Anschläge in Hanau und Halle, die geplanten Angriffe auf Moscheen in zehn Bundesländern, die tagtäglichen Übergriffe auf Muslim*innen und muslimische Einrichtungen und nicht zuletzt die Diskriminierungen im Alltag – seit Jahren werden in Deutschland Muslim*innen, Menschen, die als Muslim*innen gelesen werden sowie muslimische Einrichtungen zur Zielscheibe von teils sehr gewalttätigen Angriffen, aber auch von ganz alltäglichem Rassismus in Form von Unsichtbarkeit und/oder Missrepräsentation im öffentlichen, kulturellen, sozialen, Gesundheits- und Bildungsbereich. Hiervon erfährt die Öffentlichkeit kaum etwas: 2019 wurden insgesamt 950 islamfeindliche Straftaten gezählt (BMI 2020). Die Dunkelziffer antimuslimischer Hassverbrechen wird von Expert*innen jedoch wesentlich höher, auf das Achtfache, geschätzt.

Antimuslimische Übergriffe werden häufig erst möglich vor dem Hintergrund von Alltagsrassismus. Sie werden aufgrund dessen nicht erkannt und nicht adäquat in präventiven und intervenierenden Maßnahmen berücksichtigt. Menschen, die Rassismus erfahren müssen, werden in ihren Belangen nicht angemessen und genügend berücksichtigt. Das fehlende Unrechtsbewusstsein, die Täterfixierung und die Täter-Opfer-Umkehr sowie die Vermischung von Rechtsextremismus und Rassismus einerseits und von Rassismus und Migration andererseits erschweren die Bearbeitung von Rassismus/-erfahrung und die Stärkung von (als) Muslim*innen (Markierten) und ihren Organisationen.

Immer mehr Menschen sehen sich durch islamfeindliche Debatten und antimuslimische Diskurse ermutigt, Muslim*innen und Menschen, die als Muslim*innen gelesen werden, zu beleidigen, zu diskriminieren oder tätlich anzugreifen. Diverse Umfragen und Studien belegen, dass sich islamfeindliche und antimuslimische Einstellungen in Deutschland seit Jahren auf einem hohen Niveau bewegen. Antimuslimische Ressentiments finden sich in allen Bevölkerungsgruppen und bilden damit den Nährboden und ein Einfallstor für rechte Ideologien, welche wiederum auch den Antisemitismus, Rassismus gegen Schwarze Menschen und gegen Sint*ezza und Rom*nja erstarken lassen sowie zur Diskriminierung von LGBTQI*-Personen, finanzschwachen und be_hinderten Menschen oder Frauen.

Muslim*innen sind als Schwarze, Rom*nja, Trans* und/oder in Intersektion mit anderen Verhältnissen davon spezifisch betroffen. Dies zeigt sich nicht nur auf der Ebene von negativen Einstellungen, sondern insbesondere durch Missrepräsentation und strukturelle Diskriminierung in allen Lebensbereichen.

Vor diesem Hintergrund richten wir uns als Allianz von 35 muslimischen und nichtmuslimischen Akteur*innen und als Expert*innen für die Themen Antimuslimischer Rassismus und Islam- und Muslimfeindlichkeit mit folgenden Erwartungen und Forderungen an den Kabinettsausschuss.