Für einen Wandel in der öffentlich oft negativ geführten Debatte um Muslim*innen in Deutschland braucht es Gegennarrative. Erste Kampagnenansätze testeten wir am 6. und 7. Dezember 2021 in Fokusgruppen mit Vertreter*innen der sogenannten beweglichen Mitte. So bekamen wir tiefere Einblicke in deren Denkweisen, Argumentationen und Reaktionen sowie ein besseres Verständnis für die kommunikative Ansprache dieser Zielgruppen.
Wie denkt die bewegliche Mitte über Muslim*innen bzw. muslimisch gelesene Menschen in Deutschland? Welche Treiber lassen sich hinter ihren Vorannahmen, Erwartungen und Hoffnungen erkennen? Diese und weitere Fragen analysierten wir in Fokusgruppentests und prüften, welche Aspekte der entwickelten Kampagnenansätze das Potential haben, zu einem Wahrnehmungs- und Wertewandel bei den Teilnehmenden anzuregen.
Die Teilnehmenden wurden auf Basis einer Segmentierung der Einstellungen zu Migration, Islam und Muslim*innen in Deutschland rekrutiert und repräsentierten zwei Segmente der beweglichen Mitte: Die Etablierten und die Involvierten – zusammen machen sie 34 Prozent der deutschen Bevölkerung aus. Pro-demokratisch, regelkonform, zentristisch und migrationsfreundlich sind einige wesentlichen Erkennungsmerkmale der Etablierten, während die Involvierten grob als bürgerlich gesinnt, zufrieden und offen für Vielfalt charakterisiert werden können. Die Segmentierung ist angelehnt an die More in Common-Studie „Die andere deutsche Teilung: Zustand und Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft“ (2019).
Durchgeführt wurden die Fokusgruppentests vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut IPSOS Deutschland, die aufgrund der aktuellen Corona-Lage digital stattfanden. Als Prozessbeteiligte beobachten wir mit weiteren zivilgesellschaftlichen Akteur*innen aus dem Themenfeld die Diskussionen über einen Livestream.
Resümierend zeigt sich, dass antimuslimischer Rassismus nach wie vor in der Gesellschaft weit verbreitet ist. Beide Segmente nehmen Muslim*innen als nicht − „deutsch“ wahr, wenngleich die Grundannahme bei Etablierten stärker verankert zu sein scheint und sie klarer ihre Vorbehalte hinsichtlich des Islams artikulieren. Auch bei den Involvierten brechen antimuslimische Narrative und Vorannahmen in ihrer Grundhaltung durch und zeugen von einem verinnerlichten Rassismus. Widersprüche in den Aussagen machen jedoch auch deutlich, dass die eigenen Positionen nicht verfestigt, sondern wandelbar sind. Es unterstreicht die Wichtigkeit von Kampagnenarbeit zur Aufklärung und nachhaltigen Meinungsänderung der Segmente. Die wesentlichen Erkenntnisse fassen wir in einem Bericht zusammen und entwickeln auf dieser Grundlage unsere Narrativ- und Kampagnenarbeit strategisch weiter.
Die Fokusgruppen-Analyse ist ein erster entscheidender Schritt im Narrative Change- und Capacity-Building-Prozess. Seit März 2021 arbeitet CLAIM mit Mitgliedern der Allianz im New Narratives Lab zusammen – begleitet und beraten vom International Centre for Policy Advocacy (ICPA). Ziel des Labs ist es, größere Teile der sogenannten „beweglichen Mitte“ zu erreichen und langfristig zu einer differenzierteren und positiver besetzten Wahrnehmung gegenüber Muslim*innen und muslimisch gelesenen Menschen in Deutschland beizutragen. Darüber hinaus wird in einem partizipativen Prozess mit zivilgesellschaftlichen Akteur*innen Expertise zur strategischen Kommunikation im Themenfeld antimuslimischer Rassismus entwickelt und vermittelt.
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