Fachtagung: Antimuslimischer Rassismus in Behörden – Herausforderungen und Handlungsperspektiven

Fachtagung: Antimuslimischer Rassismus in Behörden – Herausforderungen und Handlungsperspektiven

4. Dezember 2025

Wie greift antimuslimischer Rassismus im behördlichen Alltag? Welche Verantwortung tragen Verwaltungen, um Vertrauen und Teilhabe zu sichern? Und welche Herausforderungen und Chancen ergeben sich daraus?

Diese Fragen standen im Zentrum der CLAIM-Fachtagung „Antimuslimischer Rassismus in Behörden”, die am 27.11.2025 in Kooperation mit dem Amt für multikulturelle Angelegenheiten (AmkA) in Frankfurt stattfand. Rund 80 Teilnehmende aus Verwaltung, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft füllten den Veranstaltungssaal – ein „full house“, das den drängenden gesellschaftlichen Bedarf deutlich machte.

Die Fachtagung wurde von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration sowie der Beauftragten für Antirassismus gefördert. Umgesetzt wurde sie in Kooperation mit dem Amt für multikulturelle Angelegenheiten.

Fachtagung von CLAIM in Kooperation mit AmkA Frankfurt am 27.11.2025 – alle Bilder (c) Julius Matuschik

Zum Auftakt begrüßte CLAIM-Co-Geschäftsführerin Rima Hanano die Gäste. Antimuslimischer Rassismus, betonte sie, sei für viele Menschen eine alltägliche Erfahrung – auch im Kontakt mit Behörden. Er könne sich, so Hanano, in Gesprächen mit Mitarbeitenden zeigen, in Kommentaren oder im Zugang zu Leistungen: „Längere Wartezeiten, ungleiche Bewertungen von Unterlagen oder fehlende Informationszugänge sind reale Erfahrungen.

Hanano berichtete von den Erfahrungen aus einem CLAIM-Projekt, das gemeinsam mit den Städten Frankfurt am Main, Hannover und Hagen umgesetzt wurde. „Unser Ziel war, das Thema sichtbar zu machen – in Behörden, zwischen Behörden und im Austausch mit der Zivilgesellschaft. Ein weiteres zentrales Ziel war: gemeinsam zu lernen.

Im Videogrußwort erinnerte Staatsministerin Natalie Pawlik daran, wie präsent antimuslimischer Rassismus in Deutschland ist und verwies auf 3080 Vorfälle, die CLAIM im Jahr 2024 dokumentierte. „Diese Realität widerspricht unseren demokratischen Werten.

Sie sei überzeugt: Die meisten Beschäftigten im öffentlichen Dienst wollten fair und diskriminierungsfrei handeln, bräuchten aber mehr Orientierung. „Es fehlen Handreichungen, Schulungen, Unterstützung. Das wollen wir ändern.“ Genau deshalb fördere sie CLAIM: „CLAIM bringt Wissen in unsere Verwaltungen – mit Workshops, Schulungen und Aufklärungsarbeit. Das ist gelebter Antirassismus, und den brauchen wir gerade jetzt.

Auch die Bürgermeisterin der Stadt Frankfurt Dr. Nargess Eskandari-Grünberg richtete sich mit deutlichen Worten an das Publikum. Die Verwaltung sei „das Gesicht des Staates“ und trage besondere Verantwortung. Wenn Menschen spürten, dass sie sich erst beweisen oder rechtfertigen müssten, müsse das ernst genommen werden: „Häufig reden wir von Einzelfällen. Für mich als Bürgermeisterin gibt es keine Einzelfälle.

Stattdessen müsse man Haltung zeigen und demokratische Werte aktiv stärken. Dafür brauche es auch Ressourcen: „Wenn wir etwas wichtig finden, dann müssen wir investieren.

Keynote, Panels, Workshop: Verwaltungen und Zivilgesellschaft

Die Juristin Ikram Errahmouni-Rimi eröffnete inhaltlich mit einer Keynote und machte deutlich, dass eine diskriminierungssensible Arbeitskultur kein „Soft Skill“ ist, sondern eine zentrale Voraussetzung für professionelles Verwaltungshandeln im Sinne der Rechtstaatlichkeit.

In der Paneldiskussion teilten Danijel Cubelic (Europäische Städtekoalition gegen Rassismus), Dr. Jenni Winterhagen (Komm.A / IMAP), Dr. Harpreet Cholia (Stabsstelle Antidiskriminierung Frankfurt a.M.) und Rima Hanano (CLAIM) Erkenntnisse aus ihrer täglichen Arbeit. Zentral war die Einsicht: Rassismus-Sensibilität ist kein Add-on, sondern entscheidet darüber, ob Menschen tatsächlich Zugang zu Leistungen, Rechten und Schutz erhalten.

Im zweiten Panel nach der Kaffeepause standen Erfahrungen der Verwaltungen aus Hannover, Hagen und Frankfurt im Fokus: Daniel Kalifa (Antidiskriminierungsstelle Hannover), Güler Kahraman (Kommunales Integrationszentrum Hagen), Pushpa Islam (AmkA Frankfurt), Marta Gębala (BQN) und Selin Aydın (CLAIM) zeigten, wie Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Zivilgesellschaft anhand von Best-Practice Beispielen konkret aussehen kann. Sie sprachen auch über Herausforderungen und Chancen im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Verwaltung.

Parallel boten Danijel Cubelic und Jasemin Seven (ECCAR) einen praxisorientierten Workshop an: Antimuslimischer Rassismus im Verwaltungshandeln – Vertrauen stärken, Partizipation sichern, Demokratie gestalten. Wie erkenne ich antimuslimischen Rassismus im eigenen Arbeitsfeld? Und wie kann Verwaltung Vertrauen aktiv herstellen?

Nach einem dichten Nachmittag klang der Tag bei Fingerfood und vielen intensiven Gesprächen aus.

Dank

CLAIM dankt dem Amt für multikulturelle Angelegenheiten Frankfurt (AmkA) für die wertvolle Zusammenarbeit, Ebru Taşdemir für ihre warmherzige Moderation sowie Julius Matuschik für die fotografische Begleitung. Und natürlich allen Teilnehmenden, die mit ihrer Expertise und ihrem Engagement diesen Tag getragen haben.

Die Veranstaltung hat gezeigt: Antimuslimischer Rassismus in Behörden ist kein Randthema – es ist eine strukturelle Herausforderung für unsere Demokratie. Ebenso sichtbar wurde: Veränderung ist möglich, wenn Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft gemeinsam handeln.