Neues Medienblog BLIQ will einen differenzierteren Islamdiskurs

Neues Medienblog BLIQ will einen differenzierteren Islamdiskurs

20. September 2019

  • Die deutsche Berichterstattung über Muslim*innen ist nicht ausgewogen: 60-80 Prozent der Beiträge in der überregionalen Presse und im öffentlich-rechtlichen Fernsehen thematisieren den Islam in Negativ-Kontexten.
  • BLIQ will mit seinen Beiträgen auf problematische Frames, Pauschalisierungen und Stereotype in der Islamberichterstattung hinweisen.
  • Muslim*innen sind keine homogene Gruppe: BLIQ will den muslimischen Meinungspluralismus in Bezug auf kontroverse Themen sichtbar machen.
  • Zugleich wird BLIQ auch innermuslimisch kritische Debatten anstoßen und kontroverse Themen aufgreifen ohne zu pauschalisieren.
  • Am 21. September 2019 ist der europäische Tag gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit (European Day Against Islamophobia).

Warum gibt es BLIQ?

Am 21. September ist der europäische Tag gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit (European Day Against Islamophobia). Neun Mal musste die Polizei allein im Juli dieses Jahres ausrücken, weil deutsche Moscheen Bombendrohungen erhalten hatten. Derartige Drohbriefe aber auch Übergriffe auf Muslim*innen sind in Deutschland trauriger Alltag geworden. Sie sind der extreme Auswuchs einer islamfeindlichen Grundstimmung, die seit Jahren zunimmt. Sie wird von Populisten bewusst geschürt. Zugleich gibt es auch unter einzelnen Muslim*innen Radikalisierungstendenzen, die eine konstruktive Debatte erschweren.

Der Journalismus trägt in dieser Situation eine besondere Verantwortung, ausgewogen zu informieren, zu differenzieren und bestehende Ressentiments nicht weiter zu bestätigen. Leider sind islamfeindliche Stereotype, Frames und Agenden im Journalismus aber verbreitet: 60-80 Prozent der Beiträge in der überregionalen Presse und im öffentlich-rechtlichen Fernsehen thematisieren den Islam im Kontext von körperlicher Gewalt, Terrorismus, Frauenunterdrückung, Fanatismus, Fundamentalismus und Rückständigkeit. Mit der Realität hat dieses Bild nicht viel zu tun: Der Verfassungsschutz stuft nur etwa ein Prozent der Muslim*innen in Deutschland als radikal ein, zudem schneiden Muslim*innen in fast allen Integrationsfaktoren deutlich besser ab als der Negativfokus suggeriert [1]. Um dieses Missverhältnis kritisch zu begleiten, haben Julia Ley, Nabila Abdel Aziz und Eren Güvercin in Kooperation mit CLAIM, der Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit, „BLIQ“ (www.bliq-journal.de) ins Leben gerufen.

BLIQ wird die Augen auch vor Missständen innerhalb der muslimischen Communities nicht verschließen. „Manche Muslim*innen neigen unter dem Eindruck der Islamdebatte dazu, bestehende Probleme in der Community schönzureden oder zu ignorieren. Wir brauchen aber genau da eine gesunde Kontroverse“, sagt Eren Güvercin, BLIQ-Redakteur. Wichtige Voraussetzung dafür ist es, die Vielfalt muslimischen Lebens in Deutschland anzuerkennen. BLIQ will diesem Gedanken Rechnung tragen, indem hier viele unterschiedliche Stimmen zu Wort kommen: Neben Beiträgen von den Redakteuren wird es regelmäßige Gastbeiträge von Wissenschaftler*innen geben.

Julia Ley, Redakteurin von BLIQ, sagt: „Es liegt in der Natur von Vorurteilen, dass wir uns oft nicht bewusst sind, dass wir sie haben. Wir wollen einseitige Frames sichtbar machen und sie kritisch reflektieren – aber auch auf Dinge hinweisen, die bereits gut laufen.“

„Es liegt in der Natur von Vorurteilen, dass wir uns oft nicht bewusst sind, dass wir sie haben. Wir wollen einseitige Frames sichtbar machen und sie kritisch reflektieren – aber auch auf Dinge hinweisen, die bereits gut laufen.“
Julia Ley, Redakteurin von BLIQ

„Die Rolle der Medien ist entscheidend, wenn es um die Wahrnehmung der muslimischen Gegenwart geht – gerade, weil alternative Informationsquellen fehlen. Über ‚den’ Islam wird in den Medien viel und vor allem problemorientiert diskutiert. Gängige Frames finden eine große Resonanz und werden häufig einfach übernommen, ohne diese in Frage zu stellen. Diese einseitige und negative Berichterstattung schürt Misstrauen gegenüber Muslim*innen in der Bevölkerung. Hier möchte BLIQ anknüpfen und einen Beitrag zu einer diversifizierteren, ausdifferenzierteren – aber nicht weniger kritischen Berichterstattung leisten“, so Nina Mühe von CLAIM. „Wir haben BLIQ bis zum Start begleitet und sind sehr gespannt auf die Arbeit der Journalist*innen.“

[1] www.sz.de/1.3925342

Die Rolle der Medien ist entscheidend, wenn es um die Wahrnehmung der muslimischen Gegenwart geht – gerade, weil alternative Informationsquellen fehlen. Über ‚den’ Islam wird in den Medien viel und vor allem problemorientiert diskutiert. Gängige Frames finden eine große Resonanz und werden häufig einfach übernommen, ohne diese in Frage zu stellen. Diese einseitige und negative Berichterstattung schürt Misstrauen gegenüber Muslim*innen in der Bevölkerung. Hier möchte BLIQ anknüpfen und einen Beitrag zu einer diversifizierteren, ausdifferenzierteren – aber nicht weniger kritischen Berichterstattung leisten
Nina Mühe, Projektleiterin von CLAIM