Maßnahmenkatalog gegen Rechtsextremismus und Rassismus: Erste wichtige Schritte für die Bekämpfung von Rassismus und konkret antimuslimischem Rassismus, aber viele Punkte bleiben vage

Maßnahmenkatalog gegen Rechtsextremismus und Rassismus: Erste wichtige Schritte für die Bekämpfung von Rassismus und konkret antimuslimischem Rassismus, aber viele Punkte bleiben vage

26. November 2020

Der Kabinettausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus hat seinen Maßnahmenkatalog veröffentlicht: 89 Maßnahmen umfasst das am 25.11. veröffentlichte Papier. Ein wichtiger und erster Schritt. Neben vielen konstruktiven Ansätzen, bleiben aber einige zentralen Forderungen der Zivilgesellschaft nicht gehört, viele der 89 Punkte bleiben vage.

CLAIM begrüßt das verabschiedete Maßnahmenpaket als einen wichtigen Schritt für die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus. Neben einigen wichtigen und konstruktiven Punkten, bleibt das verabschiedete Maßnahmenpaket aber insgesamt unterhalb den Erwartungen. CLAIM hat gemeinsam mit vielen weiteren Akteur*innen der Zivilgesellschaft dem Kabinettausschuss einen umfangreichen Maßnahmenkatalog vorgelegt. Von den identifizierten und dringend notwendigen Maßnahmen finden sich nur einige wenige Punkte im verabschiedeten Paket des Kabinetts wieder – viele Punkte bleiben vage und einiges ist nicht neu.

Begrüßenswert ist, dass mit dem Maßnahmenpaket zumindest erste Weichen für das vielfach geforderte Demokratiefördergesetz beschlossen wurde (zum offenen Brief). Dringend benötigte und geförderte Reformen wie die Reformierung des AGG bleiben leider aus.

Im Maßnahmenkatalog genannte Punkte, wie die erwähnte „Weiterentwicklung“ der bestehenden Kompetenzzentren und -netzwerke bleiben wie viele Punkte leider vage und müssen im Folgenden konkretisiert und zwingend auch finanziell hinterlegt werden. Das betrifft auch den erwähnten Ausbau von phänomenspezifischen, community-basierten Monitorings. Grundlegende und geforderte  Beschlüsse zur verbesserten statistischen Erfassung von antimuslimisch motivierten Übergriffen, wie die Einführung eines bundesweites Meldesystems zur Erfassung antimuslimischer Vorfälle oberhalb und unterhalb der Strafbarkeitsschwelle, inklusive der Erforschung des Dunkelfeldes, sind ebenfalls nicht Teil des Pakets.

Die Ansätze, dass Betroffenen von Rassismus zukünftig durch ein Beratungszentrum gegen Rassismus mit einer zentralen Hotline zu unterstützen, zielen in die richtige Richtung, sind allerdings wirkungslos, wenn bestehenden Strukturen in Bund, Ländern und Kommunen nicht weiter ausgebaut und aufgebaut werden. Erste Ergebnisse einer Kurzanalyse von CLAIM zeigen, dass es zwar eine vielfältige Infrastruktur an Beratungsstellen gibt, auf antimuslimischen Rassismus spezialisierte Stellen und Selbstorganisationen von Betroffenen aber kaum vertreten sind. Auch gibt es bundesweit teils große Lücken in der Beratungslandschaft. Gleichzeitig verfügen existierende Beratungsstellen über wenige Ressourcen. Die Hälfte der untersuchten Beratungsstellen hat eine Vollzeitstelle oder weniger personelle Ressourcen für die Beratung. Knapp die Hälfte der untersuchten Beratungsstellen ist kurzfristig finanziert. (Kurzanalyse: Beratungsangebote für Betroffene von antimuslimischem Rassismus, Kurzanalyse der Beratungslandschaft für Betroffene von antimuslimisch motivierten Übergriffen und antimuslimisch motivierter Diskriminierung in Deutschland / CLAIM / VÖ 2021).

Insgesamt ist auffallend, dass Rassismus an vielen Stellen ausschließlich im Kontext von Migration gedacht wird, was zeigt, dass hier ein verkürztes Verständnis von Rassismus zugrunde liegt. Das birgt die Gefahr, dass von Rassismus betroffene marginalisierte Gruppen, wie Muslim*innen oder Sint*ezze und Rom*nja, in Diskursen und Maßnahmen übergangen werden. Um das zu verhindern, ist die geforderte Etablierung einer einheitlichen, verbindlichen Arbeitsdefinition von Rassismus und seinen vielfältigen Ausprägungen – konkret und insbesondere auch des antimuslimischen Rassismus – auf Bundes- und Länderebene nach wie vor eine wichtige Grundvoraussetzung und eine Basis für staatliches Handeln.

In den nächsten Monaten wird sich zeigen, wie die 89 Punkte des Maßnahmenkatalogs konkret ausgestaltet und umgesetzt werden.

Ausdrücklich positiv hervorzuheben sind geplante Dialogplattformen wie Gremien und ein Beirat, der geschaffen werden soll, um einen kontinuierlichen Austausch mit von Rassismus Betroffenen zu ermöglichen. Nur durch einen fortwährenden und intensiven Dialog sowie die Einbeziehung von Rassismus betroffenen Menschen kann Rassismus und Rechtsextremismus nachhaltig bekämpft werden und dazu gehören auch Muslim*innen und als Muslim*innen gelesene Menschen – mit und ohne Migrationsgeschichte.

Zum gesamten Forderung- und Maßnahmenkatalog von CLAIM

Zum Maßnahmenkatalog der Bundesregierung