Islamfeindlichkeit eint die neue Rechte und bedroht die gesamte Gesellschaft

Aus einer aktuellen Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der LINKEN zum Ausmaß der ‚Feindseligkeit gegen Muslime‘ in Deutschland geht hervor, dass das Ausmaß von islamfeindlichen Straftaten sowie die Diskriminierungserfahrungen von Muslim*innen stetig zunehmen und auf ein bedenkliches Ausmaß angewachsen sind.

So geht die Bundesregierung für das Jahr 2019 von 184 Fälle von islamfeindlich motivierten Angriffen auf Moscheen, Religionsstätten, religiöse Repräsentanten aus. Mit anderen Worten: im vergangenen Jahr fand mindestens jeden zweiten Tag ein solcher islamfeindlich motivierter Übergriff statt.

Aber nicht nur Gebäude, auch Menschen werden vermehrt angegriffen. Die Gewalttaten gegen Muslime sind zwischen 2017 und 2018 gestiegen. 2018 wurden auch zwei versuchte Tötungen registriert.

Die Allagsdiskriminierung ist noch sehr viel stärker verbreitet und für viele Betroffene ein fast tägliches Erlebnis. Frauen sind in einem besonderen Maße von antimuslimischer Diskriminierung betroffen, das zeigen Zahlen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Bis Juni 2017 hatten sich dort 719 Personen aufgrund von antimuslimischer Diskriminierung beschwert. Die Mehrzahl davon waren Frauen. 76% der verbalen und körperlichen Gewaltdiskriminierungen im Bereich Öffentlichkeit und Freizeit werden von Frauen berichtet, die Kopftuch tragen.

Wer aber annimmt, dass diese wachsende Islam- und Muslimfeindlichkeit nur die beträfe, die als Muslim*innen erkennbar sind oder auch nur für Muslim*innen gehalten werden, täuscht sich. Eine ablehnende Haltung gegenüber Muslim*innen und dem Islam ist nicht nur – wie die Bundesregierung konstatiert – zum gemeinsamen Nenner des ansonsten heterogenen rechtsextremistischen Milieus geworden und trägt damit wesentlich zu dessen wachsender Stärke bei. Diese Haltung ist auch in der Mitte der Gesellschaft mittlerweile so weit verbreitet, dass sie als Verknüpfung zu den rechten Milieus fungieren und damit antidemokratische Einstellungen gesellschaftsfähig machen und in weite Teile der Gesellschaft tragen. Die Islamfeindlichkeit trägt also dazu bei, antidemokratische Haltungen mehrheitsfähig zu machen und gleichzeitig die extreme Rechte zu stärken und bedroht damit mit unsere Gesellschaft als Ganzes.

„Übergriffe auf Muslim*innen , Menschen die als Muslim*innen gelesen werden und muslimische Einrichtungen sind Alltag in Deutschland. In Zeiten, in denen Parteien europaweit Islam- und Muslimfeindlichkeit zu einem Teil ihres Parteiprogramms machen, wird diese zu einem Einfallstor für Rechtspopulisten und Rechtsextreme in die Mitte der Gesellschaft, und menschenverachtende Ideologien gewinnen immer mehr an Einfluss“, betont Nina Mühe von CLAIM.  „Zur wachsenden Islam- und Muslimfeindlichkeit und zum antimuslimischem Rassismus in Deutschland herrscht bislang weitestgehendes Stillschweigen seitens der Bundesregierung. Islam- und Muslimfeindlichkeit ist nicht nur ein Problem der muslimischen Community allein, sondern bedroht die Gesellschaft als Ganzes und muss parteiübergreifend angegangen werden. Eine Expert*innenkommission „Antimuslimischer Rassismus“  wäre zumindestens ein erster, wichtiger Schritt“ .

Um das Problem gesamtgesellschaftlich anzugehen,forderte CLAIM  in einem offenen Brief bereits 2019 die Einrichtung einer Expert*innenkommission „Antimuslimsicher Rassismus“ (Zum offenen Brief).
Diese Forderung wurde von mehr als 37 zivilgesellschaftlichen Organisationen und 28 Expert*innen aus Wissenschaft, Politik und Praxis gezeichnet.